Der Monte Altissimo thront mit seinen 2079 m über Torbole und dem gesamten oberen Gardaseegebiet und bildet auf dem ersten Blick eine unüberwindbare Barriere zwischen dem See und dem Etschtal. Zusammen mit dem Monte Baldo formt er eine Gebirgskette mit großer Ausdehnung, wenn man bedenkt, dass man sich noch in den Voralpen befindet und dass dies der erste richtige Berg ist, den man antrifft, wenn man von der Poebene in Richtung Brenner fährt. Man kann so die starken Kontraste zwischen dem milden Klima des Gardasees und den Gipfeln des Monte Baldo bemerken, insbesondere im Frühling wenn in der Höhe noch der Schnee liegt und man im Tal schon in kurzen Ärmeln ausgehen und in Riva sich das erste Eis schmecken lassen kann.
Der gut trainierte Biker kann wahrscheinlich die 2000 Höhenmeter von Torbole bis zum Gipfel des Altissimo ohne Aufstiegshilfe bewältigen. Eine regelrechte Ersteigung, die zwischen den verschiedenen Vegetationsstufen durchführt, beginnend bei den Olivenhainen und in einer Höhe endet, in der nur noch Latschenbüsche und kleine Sträucher wachsen. Dieser Härtetest kann nicht allen Bikeliebhabern zugemutet werden, denn vielen wird wohl auf den unzähligen Kurven der Monte Baldo Straße die Lust zum Treten vergehen. Es gibt eine andere Möglichkeit, wesentlich bequemer, den Gipfel des Monte Altissimo mit dem Mountainbike zu erobern, d.h. man nimmt die Seilbahn von Malcesine zum Monte Baldo, dann radelt man bis zum Rifugio Graziani und von dort nimmt man die anspruchsvolle Auffahrt in Angriff, die bis zum Rifugio Damiano Chiesa auf 2060 m Höhe führt, knapp unterhalb des Gipfels. Wenn man das Glück hat während eines klaren Tages dort oben zu sein, kann man Stunden damit verbringen, das Panorama zu bewundern, das von der Poebene bis zu den Dolomiten und vom Adamello bis zu den Monti Lessini reicht, Dazwischen gibt es spektakuläre Ausblicke auf das kobaltblaue Wasser des Gardasees. Dazu kann man die ausgezeichnete Küche des Schutzhauses an den Tischen in der Wiese gegenüber dem Schutzhaus genießen. Wer noch nicht genug haben sollte, dem empfehlen wir im Schutzhaus zu übernachten und nicht zu vergessen hin und wieder einen Blick auf den Sternenhimmel zu werfen, vielleicht sogar in einer Augustnacht beim charakteristischen Sternschnuppenregen.
Das Baldo-Massiv schützt die tiefer liegenden Täler, das heißt die Anbaugebiete der sogenannten „Warmkulturen”, die im Schatten der typisch nördlichen Waldgebiete liegen. Sein Gebiet bietet äußerst unterschiedliche Landschaftsbilder, die von mediterranen bis zu nahezu arktischen Zonen reichen. Seit ewigen Zeiten ist das Massiv ein unendliches Outdoor-Labor für Forscher und Wissenschaftler. Nicht umsonst wird der „Baldo Veronese“ seit Jahrhunderten als „Hortus Europae” bezeichnet und ist nahezu ein pflichtgemäßes Ziel für Forscher und Wissenschaftler aller Nationen, die hier Tier- und Pflanzenarten vorfinden, die anderswo entweder ausgestorben oder ausgesprochen rar sind. Ferner ist dieses Gebiet ein „offenes und ausführliches Buch” über die geologischen Setzungsphänomene. Die kalkhaltigen Bildungen seiner Erhebungen und seine Hänge enthalten Basalt, vulkanischen Tuffstein und Kalkstein aus dem Mesozoikum und dem Tertiär. Für Geologen und Archäologen ist das Bergmassiv eine wahre Fundgrube, die Aufschluss über die weit zurückliegenden Vergangenheit unserer Erde gibt.
In Sachen Abfahrt pflegt der Altissimo nicht zu scherzen. Es gibt keine leichte Abfahrt von diesem Berg hinunter, ausgenommen der Asphaltstraße, die bis nach Torbole hinunterführt. Aber wer will schon die Höhenmeter auf einer Asphaltstraße verschwenden? Wenn man vom Rifugio Damiano Chiesa startet, dann hat man gleich den 601er Weg vor sich. Ein richtiges Schottermonster mit mehr oder weniger großen Steinen, zu empfehlen nur für den, der das Bike perfekt beherrscht. Wenn der Ausgangs- und Endpunkt die Monte Baldo Seilbahn ist, dann kann man die „direttissima“ nehmen, die von der Bergstation startet, am Rifugio Kyro vorbeiführt und dann mehr oder weniger unterhalb der Seilbahn verläuft bis man Malcesine erreicht, teilweise mit unglaublichem Gefälle und größtenteils auf Karrenwege. Immer noch für jene, die die Seilbahn nehmen, können wir die sehr technische Abfahrt von der Bocca di Navene auf 1425 m empfehlen, die am Ende kurz oberhalb Navene auf den legendären Dosso dei Roveri Weg trifft. Aber genau der letztgenannte Weg ist die schönste Variante der Abfahrt vom Altissimo. Er ist vom Gipfel des Altissimo aus erreichbar über den 601er Weg oder auch vom Tal über eine Asphaltstraße und bietet somit eine vollständige Tour, sei es in der Auffahrt als auch als Abfahrt auf einem Singletrail. Der Dosso dei Roveri Weg ist nach Jahren der Vernachlässigung vor kurzem wieder instand gesetzt worden und er ist ein Vorzeigebeispiel bezüglich der Wegpflege, die auch an anderen Orten anzuwenden wäre.
Für alle anderen, die eine angenehme und abwechslungsreiche Tour genießen möchten, startet man im Zentrum von Torbole Richtung Nago, fährt mitten durch die Olivenhaine und gewinnt langsam an Höhe. Der Anstieg verläuft komplett unter der Sonne auf der Asphaltstraße und es empfiehlt sich, zeitig zu starten, um sich nicht in einer Schweißpfütze aufzulösen, besonders im Sommer da auch keine Möglichkeit besteht, auf dem Weg die Trinkflaschen oder Camelbak nachzufüllen.
Die Sache ist nicht so dramatisch wie sie aussieht, schließlich sind wir nicht inmitten einer Wüste, sondern wir erklimmen einen Berg und die kühleren Temperaturen spürt man mit jedem Höhenmeter, den wir nach oben treten. Auf 1400 m ist die Qual zu Ende, man erreicht die Einfahrt der Schotterstraße, die zum Singletrail führt. Seit nicht zu ungeduldig mit der Abfahrt und genießt kurz nach der Abbiegung von der Asphaltstraße, die ihr beim Aufstieg gefahren seit, einen der besten Ausblicke auf den See, in perfekter Einsamkeit mit einem fast atemberaubenden Rundblick auf das Ledrotal, dem Ledrosee und natürlich dem Gardasee tief unter euch. Dieser Platz ist natürlich ideal um ein Picknick zu machen oder den Geburtstag eines Biker- Freundes zu feiern, bevor ihr euch in die Abfahrt nach Navene stürzt. Die ersten Serpentinen des Trails verlangen eine gute Bikebeherrschung, danach weicht der steinige Untergrund einem Boden aus Walderde, sehr flüssig und spektakulär zu fahren, nur ab und zu unterbrochen von kleinen Kehren, die meistens sehr schnell genommen werden um möglichst viel Geschwindigkeit für die Gerade mitzubringen.
Man vernichtet ca. 1200 Höhenmeter auf dem Singletrail mit etlichen Ausblicken, die zu einer meditativen Pause einladen bevor man auf die stark geröllhaltige Naturstraße kommt. Auf einer schmalen Spur mit kleinen natürlichen Parabolkurven, die man volle Pulle nehmen kann, meist noch am Hinterrad des Freundes klebend, erreicht man Navene und folgt der westlichen Gardesana. Die Rückfahrt nach Torbole erfolgt am besten im Windschatten des gleichen Freundes, um ihn am Ende beim Fotofinish zu schlagen.
INFO TRAIL
Höhenunterschied: 1400 m
Länge: 33 km
Schwierigkeit: ****
Beste Zeit: Mai - November
Route: Torbole – Monte Baldo Straße – Malga Zures – Malga Casina – immer auf dieser Straße weiterfahren bis man einige Häuser erreicht, vor denen ein Kreuz steht, das aus den Geschossen des ersten Weltkrieges gewonnen wurde, kurz danach biegt ein Naturstraße nach rechts ab, Wegweiser 6 – Dosso Spirano – Navene – Torbole (auf der Gardesana).