Der Schädel. So nennt sich der bisher erste eigens für Mountainbiker angelegte Weg im Gardaseegebiet. Auch wenn angelegt eigentlich in Anführungszeichen stehen sollte, denn am Ende der Saison ähnelt der Trail eher einem ausgefahrenen Karrenweg und hat nichts mehr mit einem Mountainbike-Weg gemeinsam. Aber schön der Reihe nach. Alles begann vor etwa anderthalb Jahren, als Livio Demattè und einige seiner Freunde zur Erkundung auf den Monte Baldo aufbrachen, d. h. sie begaben sich auf die Suche nach außer Gebrauch gekommenen Wegen, um den dafür zuständigen Einrichtungen einen Wiederinstandsetzungsplan vorzuschlagen. Zumindest einer dieser Wege sollte nur für Mountainbiker „reserviert“ werden.
Früher, d. h. bevor es Asphaltstraßen gab, und folglich auch vor der Zeit des Automobils, erreichte man die Almen und die Hochgebirgsweiden zu Fuß. Zum Transport von schweren Lasten wurden Mulis eingespannt. Diese zogen oftmals Karren, die möglichst problemlos ihr Ziel erreichen sollten. Das war auch der Grund, warum die Wege ziemlich breit angelegt wurden, und mit Steigungen bzw. Gefällen, die für die Tiere und das mitgeführte Material nicht unüberwindbar waren. Noch heute kann man hin und wieder Felsbrocken entdecken, die von der Passage der Karren ausgeschürft sind.
Viele dieser Wege wurden nach dem Bau der bequemen Zufahrtsstraßen zu den Almen nicht mehr genutzt. Wie z. B. die Straße Monte Baldo, die von Torbole zu den Prati di Nago hinaufführt. So wie die Mulis, mussten auch die Karrenwege der motorisierten Ära weichen. Einige dieser Wege blieben dank der Instandhaltungsarbeiten durch die CAI, die Bauern und anderer freiwilligen Helfer erhalten und wurden nicht vom Niederwald verschluckt. Andere verschwanden auch von den Wegekarten. Für andere gab und gibt es nur eine Lösung, nämlich ihre alten Spuren zu sichern, die häufig unter dichten Schichten aus Laub und Ästen verborgen sind.
Auf diese Weise entdeckten Livio und seine Freunde einen alten Weg – auch Brentegana genannt -, der von der Schotterstraße, die Brentonico mit der Gardaseeseite verbindet, hinunter nach Nago führt. Von einem Weg kann eigentlich keine Rede sein, eher von einer zu säubernden Spur: Akzeptierbares Gefälle, lange Strecke, keinerlei möglicher Konflikt mit Wanderern. Die Arbeiten nahmen etliche Wochen in Anspruch und wurden im milden Winter 2007 beendigt, als nicht eine Schneeflocke die Instandsetzungsarbeiten des Weges unterbrach.
Die jungen Leute haben sich nicht nur darauf beschränkt den Weg zu säubern, sondern auch Steilkurven und kleine Schanzen gebaut und aus dem Weg eine flüssige Strecke gemacht, indem sie zu weit vorstehende Steine mit Erdschichten überdeckten. Kurzum: Diese Arbeit ist ein Einzelfall im Gardaseegebiet. Jetzt fehlte nur noch ein Name. Ein in der Nähe aufgefundener Tierschädel gab die Idee: The Skull.
Die Feuertaufe fand während des Bike-Festivals 2007 stand, als Horden von Biker diese neue Kreatur getestet haben. Wade Simmons ist während der vier Tage des Festivals mehrmals dort gewesen, und sein Kommentar war immer wieder: „Very cool, you shoud try it, it has a lot of flow!”. Und wenn er das behauptet, dann ist das ein Zeichen, dass die Arbeit eines Winters wirklich gut gelungen ist.
Komplimente, die man auch in den Foren von Internet lesen kann, gibt es in Hülle und Fülle. Ein Benutzer von www.mtb-forum.it schreibt u.a.: „… Es gibt einen Kuhschädel (glaub ich), der den Beginn der Strecke anzeigt,… und dort beginnt das Spektakel! Der Trail ist wirklich perfekt, technisch, an einigen Stellen flüssig und an anderen pfeilschnell. Es geht über Stock und Stein und durch Teilstrecken mit Erdreich und Wurzeln. Es gibt kleine Drop und Steilkurven, etwa 15 bis 20 Minuten Adrenalin pur! Der Weg ist gut gesäubert und die Hindernisse sind perfekt erkennbar. An allen Punkten, speziell an den besonders technischen, besteht die Möglichkeit, die Hindernisse fast problemlos zu umfahren. Auslauf der Strecke ist im Industriegelände von Nago, und von dort braucht man nur den Wegweisern des Radweges zu folgen, um an den See zurückzukehren. Einfach Klasse!”
Nach einer Saison, mit Aberhunderten von Passagen, ist „the Skull” bis auf die Knochen ausgezehrt, genau wie der Schädel, der seinen Beginn anzeigt. Die Steilkurven sind hin, das Erdreich, das herbeigeschafft wurde, um die Strecke flüssiger zu gestalten, ist weg. Die ideale Bahn ist ausgeschürft und durch die kontinuierlichen Rutscher zu einem glitschigen Untergrund geworden. Nichts besonderes für einen Weg, der den Mountainbikern gewidmet ist und einen solchen Erfolg verzeichnete. Es würde schon genügen, jemanden zu finden, der die Instandsetzung übernimmt, sonst wird der Skull zu einem der vielen Adrenalin-Wege des Gardaseegebiets.
INFO TRAIL
Km: 5 km Abfahrt bis nach Nago und weitere 3 km bis nach Torbole.
Höhendifferenz: 900 m bis nach Nago, 1100 m bis nach Torbole.
Schwierigkeitsgrad: anstrengend.
Beste Jahreszeit: Mai - November
Routenbeschreibung:
Zum Weg gelangt man über die Forststraße „Brentegana" – bergauf von Nago in Richtung des Altissimo - 300 m nach dem Schild, das auf die „sorgente d'oro - Goldquelle" hinweist, kommt eine Rechtskurve und auf der linken Seite beginnt die Forststraße. Nun fährt man etwa 400 m kurz bergab, dann kommt eine kurze Steigung, bis man links den Beginn vom Weg erkennt. Aufgepasst! Den famosen Schädel gibt es nicht mehr.
Um in den vollen Genuss vom Skull zu kommen, empfiehlt sich der Zubringerdienst bis zur Einmündung vom Weg. Die ideale Lösung, um ein Freeride-Bike bis vor Ort zu bringen, und auf die beste Weise die zahlreichen Sprünge, die dieser Trail bereithält, anzugehen.
Guide: www.gardaonbike.it